Tim Habicht: Im laufenden Jahr waren sie die großen Treiber der Aktienmärkte und nicht aus den Portfolios vieler Fonds wegzudenken. Wie steht es derzeit um Ihre Allokation der Magnificent Seven?
Nicolai Austein: Wir haben seit etlichen Jahren einen Großteil dieser Titel im Portfolio, weil sie zu unserem Investmentstil von Qualitäts-Wachstumsaktien passen und, weil sie in den strukturellen Wachstumstrends überzeugen. Zudem haben sie eine entsprechend hohe Marktkapitalisierung. Ich glaube, jemand der global investiert, kann sich aus Risiko-Perspektive nicht leisten, mehrere dieser Titel nicht zu allokieren.
Peter Warken: Als globaler Investor ist die USA im Multi-Asset-Kontext ein Schwergewicht und dazu zählen die Magnificent Seven. Das ist gepaart mit Wachstum: hinsichtlich der Performance, aber auch hinsichtlich der Unternehmensgewinne. Das Thema Marktkonzentration wird natürlich aktuell viel diskutiert. Neben einem klassischen Marktkapitalisierungs-gewichteten Investment in den USA ist uns aber auch eine Diversifizierung wichtig.
Johannes Hesche: Der Begriff Magnificent Seven wird zwar gerne benutzt, aber das ist ja keine homogene Masse, sondern es sind idiosynkratisch sehr unterschiedliche Firmen. Daher muss man sich Gedanken machen, wo man in diesem Bereich investiert sein möchte und wo nicht. Wir sind da sehr selektiv, in das ein oder andere Unternehmen aber investiert, weil diese Titel immer noch ein sehr gutes Chance-Risiko-Verhältnis bieten. Alphabet ist beispielsweise weder gegenüber dem Index noch gegenüber der eigenen Historie oder dem freien Cash-Flow-Modell überbewertet. Da kann man gerne mal investiert sein. Die Qualität der Bilanzen dieser Unternehmen ist so gut, dass man bei Small und Mid Caps lange auf die Suche gehen muss, um so etwas zu finden; von dem Geschäftsmodell gar nicht zu sprechen.
Patrick Vogel: Wir sehen das ähnlich. Man muss aber selektiv an die Sache herangehen. Nicht alle Unternehmen der Magnificent Seven haben die gleichen hohen Margen. Natürlich muss man auch Trends wie die Künstliche Intelligenz beachten. Es gibt einen KI-Index, der besagt, dass die Lücke zwischen dem Spitzenreiter USA und dem Zweitplatzierten China immer größer wird. Ich weiß nicht, wie China das aufholen kann. Viele dieser Unternehmen haben eine Berechtigung im Portfolio zu sein, es gibt mittlerweile aber immer mehr interessante Titel, die die Performance im nächsten Jahr ausmachen können.
Habicht: Unabhängig von den Magnificent Seven, woher können im nächsten Jahr die Treiber kommen? Müssen sich Anleger mit weniger Rendite zufriedengeben, weil die letzten Jahre so extrem gut liefen?
Warken: Die letzten ein bis zwei Dekaden haben wir am Aktienmarkt im Schnitt rund zehn Prozent Rendite pro Jahr gesehen, das erwarten wir für die nächsten zehn Jahre nicht. Bei globalen Aktien sehen wir die Rendite eher bei sechs Prozent. Für Investoren besteht hier trotzdem die Chance, das Thema Aktienmarkt-Risko langfristig für sich zu nutzen und mehr Ertrag als im Vergleich zu kurzlaufenden Renten zu wählen. Aktien werden 2025 sicherlich eine Ertragschance sein, aber auch auf Anleihen achten wir. Hier legen wir einen Schwerpunkt auf die genaue Durations-Positionierung und Unternehmensanleihen im hochqualitativen Euro-Investment-Grade Bereich. Wir sehen dort solide Fundamentaldaten und aus Gesamtrendite-Perspektive ist die Anlageklasse eine Chance, die wir im Multi-Asset-Kontext nutzen wollen.
Austein: Eine Prognose ist schwierig. Die Voraussetzungen für ein erneut positives Aktienjahr sind vorhanden. Ich erwarte beim Aktienmarkt eine durchschnittliche Rendite gemessen am langfristigen Maßstab, aber man muss sein Exposure gut diversifizieren, da es einfach zu viele Unsicherheiten gibt. Auf der Staatsanleihen-Seite sehe ich das Risiko, dass die Zinsen am langen Ende ansteigen können. Da ist es wichtig gewisse Qualität und gute Bonitäten auf der Rentenseite im Portfolio zu haben. Mit einem Multi-Asset-Portfolio können wir dann einen guten durchschnittlichen Return im nächsten Jahr sehen.
Hesche: Es gibt viele gute Voraussetzungen, dass nächstes Jahr ein gutes Jahr werden kann; ob es tatsächlich so kommen wird, wird sich zeigen. Im Endeffekt setzt sich Qualität durch.
Habicht: Ihr seid sowohl Value-orientiert als auch Event-orientiert. Wie ist da die Verteilung im Portfolio?
Hesche: Die Anzahl von Merger-Transaktionen war in den letzten Jahren stark rückläufig. Diese Transaktionen werden nur dann attraktiv, wenn das Finanzierungsumfeld attraktiv ist. Würden wir fallende Zinsen sehen, könnten wir die Event-Komponente wieder deutlich aktiver bespielen. Aktuell sollte man dem Event-Markt nicht zwanghaft nachlaufen.
Vogel: Es sieht vieles danach aus, dass wir keine wirtschaftliche Entgleisung erleben werden. Hinzu kommt, dass die Unternehmen in den USA nach der Wahl von Donald Trump nun tendenziell anfangen wieder stärker zu investieren. Deswegen können wir relativ optimistisch sein, interessante Geschäftsmodelle zu finden, die davon profitieren können. Wenn man auf dieser Grundlage dann noch Preise erhöhen kann, ist das eine gute Grundlage für viele Aktien, um weiterhin positive Gewinn-Revisionen aufzeigen zu können. Gleichzeitig bietet das gesamte Anleihesegment ein absolut attraktives Chance-Risiko-Verhältnis.
Habicht: Kann das Thema Verschuldung mittel- bis langfristig ein Problem für die Anleihemärkte werden?

Hesche: Ich tue mich schwer damit das zu pauschalisieren. In Zukunft werden die Anleihemärkte sicherlich mit höheren Schuldenniveaus klarkommen, dazu zählt auch Deutschland. Ich glaube aber nicht, dass aufgrund der Schuldenthematik einer großen Industrienation wie den USA, uns die Rentenmärkte um die Ohren fliegen werden. Die Fed und auch die EZB werden einspringen.
Vogel: Auch wenn wir jetzt Klarheit bezüglich des Ausgangs der US-Wahl haben, gibt es immer noch Unsicherheit bezüglich der Umsetzung des politischen Pfads im Jahr 2025. Wir sollten uns darauf einstellen, dass nicht immer alles normal ablaufen wird und versuchen deswegen weiterhin sehr diversifiziert unterwegs zu sein.
Habicht: Wie wichtig ist es im Multi-Asset-Bereich immer von der Performance her oben dabei zu sein und sich damit seinen Platz als Basisinvestment in den Portfolios der Anleger zu verdienen?
Austein: Im Durchschnitt müssen wir im oberen Drittel der Peer Group unterwegs sein. Wenn man immer ganz oben stehen will, ist die Tendenz groß, dass zu hohe Risiken in den Portfolios eingegangen werden. Ich will nicht sagen, dass man deswegen mit angezogener Handbremse unterwegs sein muss, es empfiehlt sich aber weniger auf konzentrierte Wetten im Portfolio zu setzen, sondern sich breit aufzustellen. Vielleicht innerhalb der Aktienquote sogar relativ nah am MSCI World.
Vogel: Ich glaube der Anspruch muss schon sein, immer oben mit dabei zu sein. Das Konkurrenzumfeld ist immens und da die goldenen Multi-Asset-Zeiten meiner Meinung nach vorbei sind, wird es das untere Drittel immer schwieriger haben auch einen Weg in die Portfolios der Kunden zu finden. Wenn die Kunden das Konzept und die Herangehensweise verstehen, gehen sie aber auch bei Performance-Rücksetzern mit. Aber der Markt verzeiht handwerkliche Fehler eher selten.
Hesche: Man hat natürlich auch selbst den Anspruch immer oben mit dabei zu sein, aber es ist für niemanden möglich, dauerhaft im 99. Perzentil zu sein und alle anderen hinter sich zu lassen. Davon würde ich abraten, das ist in der Vergangenheit bei vielen Leuten eher in Strafverfahren anstatt glorreichen Investments geendet. Je mehr Alpha man generieren will, umso mehr Risiko muss man nun mal eingehen. Für jedes eingegangene Risiko muss dann adäquat kompensiert werden.
Warken: Unser Ziel ist es natürlich auch im Verhältnis zu den Vergleichswerten, wie einer Peer Group oder Benchmark, eine sehr gute Wertentwicklung zu haben. Bei den Peer Groups versuchen wir beispielsweise zu analysieren, welche Risiken wir gegenüber den Wettbewerbern haben, um auch gezielt zu verstehen, ob die aktuelle Asset Allokation in einem angemessenen Risk-Reward-Verhältnis steht. Und somit, ob gewisse Ertragschancen es rechtfertigten, ein aktives Risiko einzugehen. Das Wichtigste für uns ist, durch unsere Expertise und unseren Investmentprozess langfristig einen konsistenten Value-Add zu erzeugen.